Auszeichnung für den Artenschutz!
Bereits seit 34 Jahren wird der Standortübungsplatz reichlich studiert. Der Gelbbauchunke folgten mehr als 7.300 Arten, die bis heute identifiziert werden konnten. 4.700 nachgewiesene Insektenarten tummeln sich in dem Gebiet. Mehr als 1.600 relevante Arten, also Arten, die entweder in den Roten Listen aufgeführt oder geschützt sind, belegen den hohen Wert des Areals. Die Kartierungen folgen dem Ziel einer möglichst vollständigen Erfassung der Biodiversität auf dem 270 ha großen Gelände. Möglich wurde eine so umfassende Bestandsaufnahme durch die Kooperation mit weit mehr als 150 Experten der Artenvielfalt, die alle in irgendeiner Weise ihren Beitrag geliefert haben. Besondere Anstrengungen wurden mit „GEO-Tagen der Artenvielfalt“ unternommen, 2009 mit 2.000 Besuchern und 2014 schließlich mit der deutschlandweiten Hauptveranstaltung. 2020 wurde die Tradition mit „Tagen der Saumvielfalt“ fortgesetzt.
Die geologische Vielgestaltigkeit, der Strukturreichtum und der Verzicht auf Dünger und Spritzmittel sind verantwortlich für eine besonders hohe Artenvielfalt auf dem ehemaligen Übungsplatz. Deshalb wurde 2006 von Dr. Klaus Mandery das Institut für Biodiversitätsinformation e.V. (IfBI) in Ebern gegründet. Im Mittelpunkt der Arbeit steht der im Herzen des Naturparks Hassberge gelegene ehemalige Standortübungsplatz Ebern und dessen Bewohner. Die Biologische Vielfalt auf dem Sektor der Insekten auf dem ehemaligen Standortübungsplatz lässt sich am besten durch Artenzahlen ausdrücken: … Libellen (31), Heuschrecken (31), Zikaden (131), Wanzen (301), Käfer (901), Hautflügler (825), Köcherfliegen (51), Schmetterlinge (758), Zweiflügler (868).
Zu besonderer Berühmtheit unter den Insektenarten ist „Rosi“ gelangt, die in ganz Ebern bekannte und bereits in vielen Zeitungsberichten und Filmen erwähnte Essigrosen-Dickfühlerweichwanze. Sie wurde nach 75 Jahren des Verschollenseins 2011 wiederentdeckt und hat auf dem ehem. Standortübungsplatz ihr einziges in Mitteleuropa nachgewiesenes Vorkommen. Durch ihre speziellen Anforderungen an ihren Essigrosen-Lebensraum steht sie für viele Arten, die in der oft ausgeräumten Landschaft Schwierigkeiten haben, einen geeigneten Lebensraum zu finden. Dass sie auf dem ehem. Übungsplatz überleben konnte, dokumentiert die hohe Schutzwürdigkeit und weckte gleichzeitig die wissenschaftliche Neugier. Wie lebt diese Art, über die kaum Informationen bekannt sind? Welche ökologischen Gegebenheiten sind ausschlaggebend dafür, dass diese Art in diesem Gebiet vorkommt, woanders aber nicht (mehr) nachgewiesen werden kann? Im Februar dieses Jahres startete das Projekt „Rettet Rosi“, ein umfassendes, auf 6 Jahre angelegtes, vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) im Bundesprogramm Biologische Vielfalt gefördertes Projekt in Kooperation mit der Universität Würzburg, um ebendiese Art und ihren Lebensraum – den wärmeliebenden Saum – genauer zu erforschen. Die Forschungsergebnisse sollen direkt zu Pflegevorschlägen und -maßnahmen für den Saum führen und sowohl in das FFH-Management vor Ort als auch in deutschlandweite Pflegekonzepte integriert werden. Dabei sind noch viele weitere Arten zu erwarten. Neben der genannten einmaligen Wanzenart gibt es deutschlandweit einmalige Käfer- und Zweiflüglerarten.
Ein weiterer wesentlicher Beitrag zum Schutz der Biodiversität wird geleistet, wenn gewonnenes Wissen an die Menschen vor Ort kommuniziert und der Wert und die Schutzwürdigkeit von Biodiversität begreifbar gemacht werden. Lokaler Naturschutz muss bekannt gemacht werden und erfahrbar sein. Das Institut für Biodiversitätsinformation e.V. hat sich auch dies zur Aufgabe gemacht. Es bietet hierzu Exkursionen und Seminare für die Öffentlichkeit, für Studenten und für den Bundesfreiwilligendienst an. Auch ist es Einsatzstelle für FÖJler*innen und Bundesfreiwilligendienstleistende. Das Wissen um die Insekten gibt das IfBI über das "Hummeltelefon" und viele weitere Beiträge in allen Medien weiter. Die Stadt Ebern hat mit dem Naturpark Haßberge unter Mitwirkung des IfBI einen biologischen Lehrpfad durch das Gelände, den Rosi-Lehrpfad, erstellt. Auch beim erwähnten Projekt „Rettet Rosi“ liegt einer der Schwerpunkte darauf, die neuen Erkenntnisse auf anschauliche Weise zu vermitteln. Mit einer Website sollen die Arten des Saums und ihre Beziehungen untereinander und zu den anderen angrenzenden Lebensräumen in einem Netzwerk dargestellt werden. Besucher und Exkursionsteilnehmer sind aufgefordert, Beiträge dafür bereitzustellen. So sollen Interesse und Toleranz für den unterschätzten und oft „weggepflegten“ Lebensraum Saum gefördert werden. Ein weiteres Bildungsprojekt ist ein Garten für Wildbienen im Zusammenhang mit der Initiative „Ebern summt“. Seine Einweihung ist für das Frühjahr 2021 geplant.
Einweihung des Obstlehrpfads
Biodiversität bereichert auch unseren Speisezettel. Der BUND Naturschutz hat gerade in Ebern mit dem Apfelfest, das in diesem Jahr leider ausfallen muss, 25 Jahre lang versucht, die Köstlichkeit der vielen Apfel- und Birnensorten zu vermitteln. Nicht nur im ehem. Standortübungsplatz werden die Streuobstwiesen gemäht und die Bäume erhalten. 2017 wurden durch die Allianz-Stiftung „100 Bäume für die Zukunft“ spendiert und im FFH-Gebiet gepflanzt. Die Beschilderung konnte aus der LEADER-Förderung finanziert werden. Aus dieser Pflanzung wurde ein Obst-Lehrpfad entwickelt, der am Sonntag, den 18.Oktober, um 14 Uhr, an der Bank unterhalb des Käppeleshangs öffentlich durch den BUND-Ehrenvorsitzenden Prof. Dr. Hubert Weiger eingeweiht werden wird. Initiiert werden soll bei dieser Gelegenheit auch eine Geburtenallee, in der für alle Neugeborenen, deren Verwandtschaft es will, ein Obstbaum gepflanzt werden soll. Die mit frischgepresstem Apfelsaft gestartete Eröffnungsfeier wird in der Frauengrundhalle fortgesetzt, wo der BUND Naturschutz Ebern in Kooperation mit dem Kreisverband für Gartenbau und Landespflege die normalerweise im Rahmen des Apfelfestes gezeigte Sortenausstellung aufgebaut haben wird.
Gleich nebenan werden die Teilnehmer des in den IfBI-Räumen in der Geschwister-Scholl-Str. 6 vom 16.-18.10. stattfindenden diesjährigen Pilzseminars eine Kostprobe der mehr als 1.300 im FFH-Gebiet nachgewiesenen Pilzarten ausstellen.